Herzlich willkommen zu unserem kurzen Querschnitt durch die Geschichte aus dem letzten Jahrhundert der Korbflechterei.

Historie KorbflechterAuf unserer Seite Historie möchten wir Ihnen gerne einen Einblick verschaffen wie sich unser Handwerk im letzten Jahrhundert bis heute darstellte. Wie es früher betrieben wurde, zu einem ernstzunehmenden Industriezweig empor klimmte und durch äußere Einflüsse zu einem aussterbenden Beruf abstürtzte. Und dies alles über eine Zeitspanne hinweg von nur einhundert Jahren. Es geht uns im Schwerpunkt um das Handwerk “Korbflechten” im Wandel der Zeit, nicht um den zeitgenössischen Handel.

Rechts: Ein hauptberuflicher Korbflechter bei der Arbeit. Um ca 1950 in Unterfranken.

 

Das Handwerk als solches kannten die Menschen schon seit Urzeiten. Banden sie doch früher schon ihre ersten Hütten mit Schilf und Gras zusammen. Das Flechten gehört zu den ureigensten Betätigungsfelder unserer menschlichen Rasse. Nicht umsonst fallen uns auch heute noch Geflechte jeglicher Art wohtuend ins Auge. Und nicht umsonst gibt es auch heute noch immer, trotz Industriealisierung, Menschen, die sich für das alte Handwerk starkmachen, obwohl sie dadurch auf angemessene geldliche Verdienste verzichten müssen. Wenn wir uns heute unser Umfeld realistisch betrachten, so sind es auch heute nur noch diejenigen, die das Handwerk Korbflechten selbst gar nicht mehr ausüben und nur mit ausländischen Produkten handeln, die angemessene Verdienste erzielen. Ein Korbflechter, der noch wirklich selbst Körbe erstellt bleibt auch heute noch, genauso wie anno dazumal, mittellos im Verhältnis zum Verdienst der Allgemeinheit. Richtige echte Korbflechter, die auf ihren tatsächlichen Handwerk noch wert legen, werden niemals mittelständische Firmen, große Vertriebe oder gar Fabriken betreiben können.

Es gab jedoch auch für die Korbflechterei einmal eine Zeit, die vielversprechende Perspektiven voraussagte. Ja selbst während des 2. Weltkrieges fanden Geflechte ihre Verwendung. In den 50er und 60er Jahre hatten Korbflechter sogar eine eigene Innung und Gewerkschaften.    

Unsere Bilder stammen aus unserem Heimatort und sind autentische Dokumente.

Historie Vertrieb 1In den armen Gegenden blieb oft den Ärmsten der Armen keine andere Wahl als sich dies zunutze zu machen was die Natur ihnen frei zugänglich machte. So lag es nahe an Uferböschungen und Waldränder die Weidenbüsche zu schneiden und aus ihren Ruten Gebrauchsgegenstände zu flechten. Zu der damaligen Zeit flochten jedoch auch die Bauern und ihr Gesinde in den Wintermonaten Körbe, die sie während der Erntezeit selbst benötigten. Also auch ein hartes Brot für den Korbflechter.  

Links: Man spezialisierte sich auf bestimmte Artikel, die die Bauern nicht selbst erstellen konnten.

Mit der Zeit spezialisierte man sich auf Artikel, die überall im Haushalt nützlichen Einsatz fanden und nicht nur für die bäuerliche Arbeit nötig waren. Wäschekörbe, Gartenkörbe, Rückentragekörbe, riesige Kuchenunterteller, Brotbackformen usw. Diese Entwicklung erforderte jedoch immer mehr Aufwand und Können. Weiden konnten nicht mehr nur geerntet und verflochten werden, sondern es bedurfte eine Art Veredelung um den wachsenden Anspruch im Haushalt gerecht zu werden. Das Korbmacherhandwerk entwickelte sich. Mit der Zeit entstanden ganze Felder mit selbst angebauten Weiden, die in der Winterzeit mit nur geringen Hilfsmittel mühselig geerntet werden mußten. Werkzeuge wie Stümpfe und einfache Gartenscheren fanden Einsatz um die dicken und massiven Weiden von den Stöcken abzuschneiden. Auf kleine Karren und Bollerwägen mußten die schweren Bündel unter großen Kraftaufwand oft Kilometerweit selbst transportiert werden. Denn Pferde oder Kühe konnte sich ein Korbmacher nicht leisten. Hatte man die Weiden im kleinen Hofraum vor seinem Haus, begann erst die eigentliche Arbeit.  

Historie Weiden ernten 2b Historie Typisches Korbflechte kompri
Der Transport der Weiden vom Acker zum Hof. Eine typische Korbflechterfamilie. Die gerade geernteten Weiden lagern im Hofraum. Um 1920. (Eigenes Bild)


In der Saftruhe vom Dezember bis Februar/März erntet man Weiden. Um sie zu schälen wurden die Weiden erst per Hand nach der Größe ausgelesen, gebündelt und zum Treiben in einem Tümpel oder stilles Wasser neu eingestellt. Meist arbeitete eine ganze Familie wie oben rechts abgebildet geschlagene sechs Wochen Tag für Tag allein für die Ernte. Weitere Wochen für die Auslese, Neubündelung und dem neu Einsetzen ins Wasser bei einem täglichen Arbeitspensum von je über 14 Stunden am Tag.  

Historie Weiden ernten 2a Historie Weiden ernten a
Oben: Am Ufer eines flachen Tümpels oder Sees, standen die Weiden ein.  Rechts:  Sortieren der Weiden

 

Hatte die Weide genügend Saft gezogen und von neuen Blätter und buschige Spitzen, konnte das Schälen beginnen. Dies war meist im Sommer der Fall. Ohne die Familie im Verbund wäre eine solche Tätigkeit nicht möglich gewesen. Denn jede einzelne Weide, oft hunderte an Büschel, meterhohe Anhäufungen, die bis an die Dachrinne der damaligen Häuser ragten, mußten die Schale abgezogen werden. Jede einzelne in müheliger Kleinarbeit. Man benutzte dazu nichts weiter als eine Kluppe. Das ist ein Wekzeug, das speziell für das Korbmacherhandwerk geschmiedet wurde und war nicht größer als eine mittlere Kombizange. Für die dicksten Weiden gab es eine ähnlich größere Ausführung feststehend in einen Holzroller eingeschlagen. Die Weide wurde zum aufschlagen der Schale mit viel Kraftaufwand durchgezogen und nach mehrmaligen wiederholen abgezogen. Oft fanden sich für diese zeitintensive Arbeit ganze Familienclans ein, saßen im Hof oder Vorgarten und ruhten nicht bevor auch die letzte Weide fertig war. Auch hier hieß es: Man arbeitete solange man konnte und schlief nur wenn man mußte. In heißen Sommernächten nächtigten die Korbflechter vor ihren Häusern auf den meterhohen Weidenschalen außerhalb des Hauses. Die geschälten Weiden lagerten an den Gartenzäunen und Wänden. Sie mußten jetzt erst noch trocknen, bevor man sie in die Scheune zum lagern bringen konnte. 

 

Frisch geschälte Weiden zum Trocknen aufgestellt.

Frisch geschälte Weiden zum Trocknen aufgestellt.

Fast fertig -Überall stehen die Weiden.

Fast fertig -Überall stehen die Weiden.

Auch Kinder schälten fleißig Weiden.  (Eigenes Bild)

Auch Kinder schälten fleißig Weiden. (Eigenes Bild)

Eine Korbmacherfamilie beim Weidenschälen.

Eine Korbmacherfamilie beim Weidenschälen.

Nun erst konnte das wirkliche Korbflechten beginnen. Und auch hier gab es keinen Acht-Stundentag. Denn nur wenn man jetzt Körbe zum Verkauf hatte, konnte man Geld erwirtschaften. So ist es sehr leicht nachvollziebar, warum auch früher der Korbmacher arm blieb. Bis erst einmal das Material fertigungsbereit war verging ein halbes Jahr. Und nur diejenigen, die genügend Land zur Verfügung hatten konnten das gesamte Jahr hindurch produzieren. Dann erst konnte man seine handwerliche Kunst im Verkauf zu Geld machen. Wo für Weiden die geeigneten Bodenverhältnisse herrschten, gab es naturgemäß auch viele Korbflechter. Es gab Ortschaften, die fast ausschließlich vom Korbflechten lebten. Das hieß, der Bedarf an Korbwaren war im weitem Umfeld schon längst abgedeckt.

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Links: Mit dem Bollerwagen ging es demnächst zum Verkauf (Eigenes Bild). Rechts: Die Familie flocht auch weiterhin Körbe, wenn der Mann draußen im Land die Ware von Haus zu Haus anbot.

 

Das führte zu einer Entwicklung, die das Korbflechterhandwerk in die herrschende Wirtschaft des Landes einführte. Während die Männer oft monatelang in ganz Deutschland unterwegs waren und ihre Ware anboten, flocht die Famile in der heimischen Werkstatt weiterhin Körbe und kümmerte sich um all das Alltägliche so nebenbei. Denn Gartenwirtschaft um den täglichen Grundnahrungsbedarf zu decken, war schlichtweg unerlässlich. Die Leistungen, die vollbracht wurden, waren im Gegensatz zu der heutigen Zeit geradezu übermenschlich. Zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit dem Handwagen zogen die Männer vollbepackt mit Körben los um im gesammten Land von Lindau bis in den hohen Noden von Deutschland hinein ihre Korbwaren von Haus zu Haus in den Ortschaften anzubieten. Sie schickten das Geld ihren Familien mit der Post nach Hause und wiederherum schickten die Familien ihren Männern den Nachschub an Waren mit der Bahn nach.

Historie Vertrieb 2 Korbraaser 50 er Historie Vertrieb Raaser mit Fahrrad
Oben: Ein Korbmacher auf der “Raas”.  Rechts: Wer sich ein Fahrad leisten konnte, war lange Zeit der König unter den Korbmachern und konnte entferntere Gebiete aufsuchen, die mehr Verkaufserlös versprachen.

 

Auf der “Raas” (reisen und ausziehen, dann von Haus zu Haus seine eigene Körbe anbieten und verkaufen) war lange Zeit die einzige Möglichkeit mit dem Handwerk zu existieren. Und da es viele Regionen gab in denen sich das Korbmacherhandwerk nicht heimisch fühlte suchte man dort verstärkt seine Absatzgebiete. Mit der Zeit gab es Abmachungen untereinander und bevorzugte Gebiete, die man bereiste. Es formierten sich Zusammenschlüsse und eine Innung wurde gegründet. Die Blütezeit der Korbmacherei als handwerklicher Industriezweig. Die natürlichen Flechtwerke erfreuten sich besonderter Beliebtheit und stellten eine außergewöhnliche Ware dar. Oft warteten Kunden schon auf das wiederkehrende Eintreffen des Korbmachers aus Ober- und Unterfranken um an wervolle Körbe zu gelangen. Erst sehr viel später konnten die Korbmacher bei ihrer gewachsenen und an Einfluß gewonnenen Innung ihre Waren anliefern und in Ihren Zusammenschluß Großkunden oder Einzelkunden beliefern. Das Leben eines Korbmachers wurde besser und nun konnte auch er sich Erleichterungen verschaffen. Viel blieben auch zu Zeiten des leichteren Vertriebes durch die Innung ihren Kunden treu und gingen weiterhin selbst zu Verkauf ins Land hinaus.    

Historie Weiden ernten bIn der Blütezeit des Handwerks hielt auch im Vertrieb und in der Ernte die Technik einzug. Das Flechten selbst dultete noch nie moderne Hilfsmittel. Das hat sich bis heute nicht geändert.

Die Korbmacherei erfuhr einen ungeahnten Aufschwung. Alle Körbe im Land entstanden garantiert aus heimischen Flechtwekstätten. Es entwickelte sich eine Vielfalt an Variationen. So blieben die Ureigensten Korbmacher ihren ursprünglichen Schema treu, verfeinerten andere ihr Konzept und spezialisierten sich. Es entstanden die ersten Flechtwerkstätten, die schon als als profesioneller Betrieb anzusehen waren. Ganze Einrichtungen aus Weide wurden produziert. Garderoben, Abteilungen und ganze Weidenmöbelgarnituren. Die ersten Arbeiter in einer Flechtwerkstatt wurden eingestellt. Meist waren es die Spezialbetriebe, die Weidenmöbel anfertigten, denen es nun möglich war sich eine gutgehenden Wekstatt aufzubauen. Auch damals schon brachte eine Spezialisierung den gewünschten Erfolg. 

 

Historie Sessel 1 Historie Sessel 2
Ein erfolgreicher Familienbetrieb in der Produktion von Weidenmöbel und Wäschekörbe.

 

Korbflechterei im 2. Weltkrieg

Im 2. Weltkrieg wurden die Korbflechter landesweit zur  Herstellung von Geschoßkörbe verpflichtet. Diese Körbe mussten genaue Normen erfüllen und  äußerst pünklich geliefert werden. Zwar  hatten die Korbflechter dadurch ihr auskommen. Doch die Strenge der damaligen Herrscher war gnadenlos. Nicht pünklich gelieferte Ware oder Körbe, die von den genau vorgegebenen Maßen abweichten konnte eine Verhaftung wegen Landesverrat zur Folge haben.

Historie Geschosskorbe 1 kompriHistorie Geschosskorbe 3 kompriHistorie Geschosskorbe

Meist flochten in dieser Zeit Frauen, Kinder und  ältere Männer in den Werkstätten. Die Geschoßkörbe wurden zum Transport im Einsatz wie eine  Art  von Köcher verwendet. Die  Soldtaten stellten darin z.B. Panzerfäuste ein und  führten diese so in den Körben mit. Es gibt nur wenige Exemplare, die diese Zeit überdauerten. Wenige sind  in Museen zu bewundern.

So z. B. auch im Korbmuseum Michelau in Oberfranken.

Korbflechterei ist in der ganzen Welt zuhause

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